Fronleichnam

Fronleichnam

Zitat 2024 KW 22

Zum diesjährigen Fronleichnamsfest ein Text, der in der neuen Zeitschrift «Ritter» ebenfalls publiziert wird. Dieser beantwortet folgende Fragen: Warum ist das Fronleichnamsfest ein wahres Volksfest? Wer hat die Einführung des Fronleichnamsfestes in der Kirche vorangetrieben und warum? Welche Bedeutung hat die äußere Verehrung des Herrn im Allerheiligsten Altarssakrament und wie sollten sich die Gläubigen darauf vorbereiten?

Ein wahres Volksfest

1024px Ferdinand Georg Waldmüller Am Fronleichnamsmorgen 1857Wenn die Menschen beginnen ihre Häuser zu schmücken, Blumen zu sammeln, um daraus die herrlichsten Blumenteppiche zu kreieren. Wenn die Mädchen ihre weißen Kleidchen anziehen und ihre Blumenkörbchen herrichten, wenn die Frauen ihre Trachten oder sonst die schönsten Kleider hervorholen, die Männer ihren Anzug striegeln, ja dann ist Fronleichnam! Kein Fest des Kirchenjahres ist so in diesem Sinne ein Volksfest, wie der Tag, an dem der eucharistische Heiland in Prozession, begleitet mit Musik, Liedern und Gebeten, durch das Dorf, die Stadt und über die Fluren getragen wird. Bis zum letzten Konzil war dies das übliche Bild in katholischen Gegenden. Im Vergleich zu damals ist es heute in den Strassen an diesem Kirchenfest stumm und leer geworden. In sogenannten konservativen Kreisen noch hochgehalten, lebt dieser Brauch im Allgemeinen vermehrt noch in südlichen Gefilden Europas, nördlich der Alpen ist er in den modernen Pfarreien nur noch selten anzutreffen. Doch wie kam es überhaupt zu diesem Fest?

Das Wunder von Bolsena

ORVIETO Tapiz de estandarteEs war im Jahr 1263, als der Priester Petrus von Prag von Zweifeln über die Realpräsenz Christi im Messwein gequält nach Rom pilgerte. Dort hoffte er Antwort auf seine quälenden Gedanken zu erhalten. In Bolsena, wo er Zwischenstation machte, zelebrierte er die hl. Messe. „Bei der Wandlung fing das Blut Christ im Messkelch an zu wallen und trat über den Rand. Tropfen fielen auf das Korporale und verursachten Flecken.“[1] Das Blut drang durch das Korporale und tropfte auf den Marmorboden vor dem Altar.

Zu der Zeit weilte Papst Urban IV. im nahen Orvieto, wohin sich der erschrockene Priester begab, und diesem alles erzählte. Der Papst ließ die Sache durch den Bischof von Orvieto, den hl. Thomas von Aquin und den hl. Bonaventura untersuchen. Diese kamen einhellig zum Schluss, dass das Wunder echt ist.

Das war für Urban IV. der letzte und entscheidende Anstoss, im Jahre 1264 das Fronleichnamsfest für die ganze Kirche einzuführen. Der letzte und entscheidende Anstoß deshalb, weil schon vor diesem Ereignis der Himmel dieses Fest erbeten hatte.

Juliana und Eva von Lüttich

Merazhofen Pfarrkirche Chorgestühl links JulianaJuliana (um 1193 – 1258) und Eva (um 1190 – 1265) waren eng befreundet und führten einen frommen Lebenswandel. Juliana trat bei den Augustinerinnen ein, wurde Priorin und sogar Oberin. Ihre Freundin Eva lebte als Reklusin, wie ihr Juliana empfohlen hatte. Reklusinnen sind Frauen, die sich – oft bei einem Kloster – in eine Zelle einschließen lassen, um dort eine gewisse Zeit oder das ganze Leben lang durch Buße ein geheiligtes Leben zu führen.[2] Die hl. Juliana erhielt ab 1209 Visionen[3], welche vor allem das hl. Altarssakrament zum Thema hatten, worin auch der Wunsch eines eigenen Festes der Eucharistie in der Kirche geäußert wurde. Die kirchlich zuständigen Oberen hießen nach reiflicher Überlegung die Visionen und Pläne Julianas gut. Doch es formierte sich auch Widerstand, sie wurde verspottet und verfolgt. Unter anderem deswegen, weil sie „angeblich eine zu strenge Zucht im Kloster eingeführt hatte“[4].

Schließlich legte sie ihr Amt im Kloster nieder und zog sich vorübergehend in die Rekluse ihrer Freundin Eva zurück. Während dieses Aufenthalts erlebte sie die Freude, dass der Bischof von Lüttich sich entschloss, das Fronleichnamsfest in seiner Diözese im Jahre 1246 einzuführen. Als dieser Bischof aber starb, formierte sich die Verfolgung Julianas erneut. Ihren Gegnern gelang es schlussendlich, durch Intrigen und Gewalt sie ganz aus dem Kloster zu vertreiben, sodass sie sogar im Ausland Zuflucht suchen musste. In Fosses fand sie am Schluss Ruhe als Reklusin in einer Klause, das ihr eine Schwester eines frommen Stiftsherrn, nahe bei der dortigen Kirche zur Verfügung stellte. Dort starb sie schließlich am 5. April 1258.

Englebert Fisen Sainte Julienne du Mont Cornillon et de linstitution de la Fête Dieu 1690 St Martin LiègeEva von Lüttich, die getreue Freundin Julianas, bemühte sich weiter um die allgemeine Einführung des Fronleichnamfestes. Papst Urban IV. schrieb ihr deshalb 1264 einen Brief, worin er unter anderem sagte: „Wir wissen, o Tochter, wie deine Seele ganz innig danach verlangt, dass ein feierliches Fest zu Ehren des allerheiligsten Sakramentes in der Kirche Gottes für alle Zeiten eingesetzt werde. Deine Seele möge nun den Herrn hochpreisen und dein Geist in Gott, deinem Heiland, frohlocken, denn deine Augen sollen dein Heil schauen, das wir bereitet haben vor dem Angesicht aller Völker. Freue dich, dass der allmächtige Gott den Wunsch deines Herzens dir erfüllt hat.“[5]  Durch die Bulle „Transiturus de hoc munde“, vom 11. August 1264 dehnte der Papst das Fest dann auf die ganze Kirche aus. Er schrieb darin unter anderem:

„O Sakrament, welches würdig ist, aus Herzensgrund verehrt, aus dem innigsten Gefühl geliebt, und würdig ist, mit unauslöschlichen Zügen unserem Gedächtnis aufs Tiefste eingegraben zu werden … An diesem heiligen Tage sollen aus dem Herzen der Gläubigen, aus ihrem Mund und von ihren Lippen Freudenhymnen ertönen. An diesem denkwürdigen Tage soll der Glaube triumphieren, die Hoffnung sich erheben, die Barmherzigkeit glänzen, die Frömmigkeit frohlocken, unsere Tempel von Freudengesängen widerhallen und die reinen Seelen vor Freude erzittern.“[6]

Der hl. Thomas von Aquin verfasste zu dieser Festfeier eigens ein Proprium mit fünf Hymnen, die da sind: Lauda Sion, Adoro te devote, Pange Lingua, Panis angelicum und Verbum supernum prodiens. Die ersten vier Hymnen gehören wohl zu den schönsten und bekanntesten Gesänge der katholischen Kirche. Alle sind gekennzeichnet durch eine außerdordentliche theologische Tiefe, begleitet von einer mystischen  Wärme, welche das Herz des Volkes zu ergreifen weiß.

Eine Frage der Ehre

FronleichnamDoch Fronleichnam ist nicht nur ein schöner Brauch, um den eucharistischen Heiland zu ehren, sondern gleichzeitig „ein Bekenntnis zum sozialen Königtum Christi… Die moderne Straße ist getreues Spiegelbild des modernen Geistes und darum weltlich, konfessionslos … das, was Pius XI. den Laizismus, die Verweltlichung des öffentlichen Lebens nannte … Ebenso ist die Straße eine Verführerin geworden. Schamlose Mode, schamlose Kunst und schamlose Reklame drücken ihr immer mehr ihr Gepräge auf. Das Allerheiligste, die weiße, reine Hostie, ist ein stiller und doch eindringlicher Protest gegen allen Schmutz … Seid dabei! Mit ganzem Herzen und ganzer Seele! Ganz Glaube, ganz liebende Hingabe an Jesus, ganz Anbetung! Keine freiwillige Zerstreuung, kein neugieriger Blick, kein überflüssiges Wort! Ihr werdet beobachtet: von den Zuschauern, von den Engeln, vom Heiligen Geist. Wandelt in der Gegenwart Gottes! Unter den Augen Jesu! Euer einziger Gedanke: Hochgelobt und angebetet sei das allerheiligste Sakrament des Altares, von nun an bis in Ewigkeit.“[7]

Die aktive Beteiligung an dieser äußeren Verehrung des Herrn im allerheiligsten Altarssakrament sollte also für jeden Katholiken und noch mehr für jeden Ritter eine Ehre sein. Was wäre das für ein König, der ohne seine Ritter durch die Lande zieht. Nein, ihr Platz ist an seiner Seite! In seiner Einführungsbulle mahnt der Hl. Vater aber nicht nur zu einer äußeren Teilnahme, sondern ruft dazu auf, sich auch innerlich „durch eine vollkommene und aufrichtige Beichte, durch Almosen, Gebete und andere gute Werke, welche an diesem Tage des allerheiligsten Sakramentes Gott wohlgefällig sind, sich so vorzubereiten, dass sie dasselbe mit Ehrfurcht genießen, und dadurch eine neue Vermehrung der Gnade erlangen können“[8].

 

Quelle: Ritter-Zeitschrift, Ausgabe 2/2024, Autor: Jakob Schweizer

 

Bilder:

  • Ferdinand Georg Waldmüller – Am Fronleichnamsmorgen (1857), Public Domain via Wikimedia
  • Corporal of Bolsena, Tapiz de uno de los estandartes usados en la procesión de Corpus Public Domain via Wikimedia
  • Juliana von Lüttich, Kath. Pfarrkirche St. Gordian und Epimachus, Merazhofen, Stadt Leutkirch im Allgäu, Landkreis Ravensburg, Chorgestühl, 1896, Bildhauer: Peter Paul Metz, CC by SA 3.0 Andreas Praefcke via Wikimedia
  • Eucharistische Vision Julianas von Lüttich, Evas von Lüttich und Isabelles de Huy (Ölgemälde, 1690), Public Domain via Wikipedia
  • Infiorata del corpus domini a fucecchio, CC-BY-SA 3.0 Infiorata di Fucecchio

[1]  https://katholisches.info/2023/06/08/fronleichnam-die-realpraesenz-und-das-wunder-von-bolsena/, aufgerufen am 12. Febr. 2023.

[2]  Georg Schwaiger, Mönchtum, Orden, Klöster, Verlag C.H. Beck, 3. Aufl., S. 236.

[3]  Ferdinand Holböck, das Allerheiligste und die Heiligen, Christiana Verlag, Stein am Rhein 1986, 3. Aufl., S.111.

[4]  Ebd., S. 112.

[5]  https://de.wikipedia.org/wiki/Eva_von_L%C3%BCttich, abgerufen am 12. Febr. 2023

[6]  https://summorum-pontificum.de/z_archive/themen/glaubenskrise/485-750-jahre-fronleichnam.html, abgerufen am 12. Febr. 2023.

[7]  Robert Mäder, Eucharistie, Verlag St. Michael, Goldach 1968, S. 50-53.

[8]  Ebd.

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