Der hl. Bernhard von Clairvaux

Der hl. Bernhard von Clairvaux

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Glasmalerei, die den heiligen Bernhard von Clairvaux darstellt, ca. 1450.

Am 20. August ist das Fest (3. Klasse) des hl. Bernhard von Clairvaux. Der Zisterziensermönch war einer der bedeutendsten Theologen, Mystiker und Kirchenlehrer des Mittelalters. Als Gründer des Klosters Clairvaux prägte er das religiöse Leben Europas im 12. Jahrhundert. Besonders bekannt für seine Marienverehrung, hatte Bernhard einen bleibenden Einfluss auf die Spiritualität, die auch später Heilige wie Maximilian Kolbe, den Gründer der MI, inspirierte.

Der heilige Bernhard von Clairvaux wurde 1091 (möglicherweise auch 1090) auf Schloss Fontaines bei Dijon in Burgund geboren. Er entstammte einem alten Hochadel; sein Vater, der Ritter Teszellin, war Herr des Schlosses, und seine fromme Mutter Aletha (geb. de Montbard) spielte eine bedeutende Rolle in seiner frühen religiösen Erziehung. Bernhard war das dritte von sieben Kindern und zeigte schon früh außergewöhnliche geistige und spirituelle Fähigkeiten.

Bernhard wurde an der Schule von Châtillon ausgebildet, wo er nicht nur in den Wissenschaften brillierte, sondern auch durch seine Tugendhaftigkeit hervorstach. Eine prägende spirituelle Erfahrung machte er in der heiligen Christnacht, als ihm das Jesuskind in einer Vision erschien und ihm das Geheimnis der Menschwerdung offenbarte. Diese Vision entfachte in ihm eine lebenslange Hingabe an Jesus und Maria. Mit dreizehn Jahren verlor Bernhard seine Mutter, was ihn tief erschütterte und seine Entscheidung festigte, sein Leben Gott zu weihen.

Bernard war ein gutaussehender junger Mann mit vielen Talenten und großen Reichtum. Doch er entschied sich, die Welt zu verlassen und Gott nachzufolgen. Im Frühjahr 1112 trat er zusammen mit 30 Verwandten und Freunden, darunter vier seiner Brüder, in das strenge Reformkloster Cîteaux ein, das unter der Leitung des heiligen Abtes Stephan Harding stand. Dieses Kloster, das zur Wiege des Zisterzienserordens wurde, erlebte durch Bernhards Eintritt und seine charismatische Persönlichkeit einen gewaltigen Aufschwung.

Bereits 1115 wurde Bernhard mit zwölf Mönchen zur Gründung des Klosters Clairvaux entsandt. Durch seine Heiligkeit und seine tiefe Gottesliebe zog Bernhard Männer aus den höchsten Kreisen des Laienstandes an und führte sie zur klösterlichen Vollkommenheit. Unter seiner Führung erstrahlte Clairvaux bald in einem Glanz, der den von Cluny übertraf, und diente als Zentrum von 68 Neugründungen. Von Clairvaux aus knüpfte Bernhard freundschaftliche Beziehungen zu fast allen durch Heiligkeit und Geistesadel herausragenden Persönlichkeiten seiner Zeit, darunter Hildegard von Bingen und Malachias von Armagh.

Marienfrömmigkeit und Mariologie

Ein besonders prägender Aspekt von Bernhards Spiritualität war seine tiefe Marienverehrung. Er erwählte Maria zu seiner geistigen Mutter und machte sie zum zentralen Bezugspunkt seiner religiösen Hingabe. Für Bernhard war Maria das vollkommene Vorbild für alle Christen, und er förderte die Marienverehrung in einem Ausmaß, das sie im Mittelalter zu einem Höhepunkt führte. Unter seinem Einfluss erlebte die Marienfrömmigkeit in der Kirche eine Renaissance.

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Erscheinung der hl. Jungfrau Maria dem hl. Bernhard

Bernhard betrachtete Maria nicht nur als die Mutter Jesu, sondern auch als die Mittlerin aller Gnaden. Seine Predigten und Schriften sind von einer tiefen Marienfrömmigkeit durchdrungen, die sich auch in seinen Hymnen und Gebeten widerspiegelt. Zu Ehren der Muttergottes dichtete er Lieder in der Tradition der Minnesänger, die nicht nur liturgische Bedeutung hatten, sondern auch das geistliche Leben vieler Menschen prägten. In seinen Marienvisionen, die den Stoff für viele Legenden und berühmte Kunstwerke lieferten, erfuhr er immer wieder Trost und Inspiration. Er sah in Maria die Fürsprecherin aller Menschen und ermutigte die Gläubigen, sich vertrauensvoll an sie zu wenden.

Bernhards Marienpredigten gelten heute als Meisterwerke der Marienverehrung. Sie zeigen nicht nur seine tiefe Liebe und Hingabe zur Jungfrau Maria, sondern auch seine theologische Tiefe und sein Verständnis der Rolle Marias im christlichen Heilsplan. Ein besonders berühmter Beitrag Bernhards zur Marienfrömmigkeit ist der letzte Vers der Antiphon “Salve Regina” – “O clemens, o pia, o dulcis Virgo Maria” – der ihm zugeschrieben wird und die Innigkeit seiner Marienverehrung widerspiegelt.

Als bedeutender Mariologe wird Bernhard auch in der Schlussszene von Goethes “Faust” erwähnt. Diese Erwähnung unterstreicht seinen nachhaltigen Einfluss auf die christliche Theologie und Literatur, insbesondere in Bezug auf die Marienverehrung. In Goethes Werk erscheint Bernhard als eine zentrale Figur in der Darstellung Marias, was seine anhaltende Bedeutung und seinen Ruf als “Doctor Marianus” in der christlichen Tradition bestätigt.

Eifer für die Kirche und den Glauben

Bernhards Eifer für die Kirche und den Glauben war unerschütterlich. Er setzte sich leidenschaftlich für die Reform des klösterlichen Lebens und die Rückkehr zur ursprünglichen Strenge der Ordensregeln ein. Sein Ziel war es, die Kirche aus ihrer spirituellen Lethargie zu erwecken und sie auf den Weg der Buße und Erneuerung zu führen. Bernhard war fest entschlossen, die Sittenverderbnis zu bekämpfen und das religiöse Leben seiner Zeit zu erneuern.

Als Prediger war Bernhard unvergleichlich. Seine Reden besaßen eine außergewöhnliche Kraft und Überzeugung, die Menschen in Scharen zu seinen Predigten zog und sie oft zu tiefgreifenden spirituellen Bekehrungen führte. Er trat unerschrocken gegen Missstände auf und scheute sich nicht, die Wahrheit auch dann auszusprechen, wenn sie unpopulär war. Seine Beredsamkeit und sein Mut machten ihn zu einem gefürchteten Gegner für diejenigen, die von der kirchlichen Lehre abwichen oder die Disziplin vernachlässigten.

Seine Reden hatten eine so starke Wirkung auf die Zuhörer, dass es Berichte gibt, wonach Mütter ihre Söhne vor ihm versteckten, aus Angst, sie könnten sich durch seine Überzeugungskraft und Leidenschaft dazu entschließen, ins Kloster einzutreten.

Bernhards Eifer zeigte sich auch in seinem unermüdlichen Einsatz gegen Häresien und Schismen. Er trat entschieden gegen die Lehren von Peter Abaelard und anderen abweichenden Theologen seiner Zeit auf. Dabei scheute er keine Mühen und unternahm zahlreiche beschwerliche Reisen, um die Einheit der Kirche zu verteidigen. Sein Wirken führte dazu, dass er als der “bellende Wachhund Gottes” bekannt wurde, ein Titel, der auf seine Rolle als Verteidiger des Glaubens hinweist.

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Der Heilige Bernhard predigt den zweiten Kreuzzug in Vézelay, 1146

Neben seinen theologischen Auseinandersetzungen war Bernhard auch eine treibende Kraft hinter dem Zweiten Kreuzzug. 1145 wurde er von Papst Eugen III. beauftragt, den Kreuzzug zu predigen, um die heiligen Stätten in Jerusalem von den Sarazenen zu befreien. Obwohl der Kreuzzug letztlich scheiterte, gelang es Bernhard durch seine Predigten, eine Welle religiöser Begeisterung in Europa auszulösen. Viele Männer folgten seinem Aufruf und nahmen das Kreuz, darunter auch bedeutende Herrscher wie König Ludwig VII. von Frankreich und Kaiser Konrad III. von Deutschland.

Der Misserfolg des Kreuzzugs traf Bernhard schwer, und er wurde scharf kritisiert. Doch Bernhard trug diese Last mit Demut und betrachtete es als Teil seines persönlichen Leidensweges, der ihn Christus näherbrachte. Bis zu seinem Lebensende blieb Bernhard ein unermüdlicher Diener der Kirche, dessen Eifer und Hingabe vielen als Vorbild dienten.

Doctor Mellifluus

Bernhards Beredsamkeit und die Schönheit seiner Schriften brachten ihm den Ehrentitel “Doctor Mellifluus” ein, was übersetzt “der honigfließende Lehrer” bedeutet. Dieser Titel würdigte seine Fähigkeit, die christlichen Lehren mit einer solchen Klarheit, Wärme und Süße zu vermitteln, dass seine Worte tief in die Herzen der Menschen eindrangen. Seine Predigten, insbesondere über die Liebe Gottes und die Rolle der Jungfrau Maria, waren von einer solchen Sanftheit und Überzeugungskraft geprägt, dass sie als “süß wie Honig” beschrieben wurden. Bernhards Sprachkunst machte ihn zu einem der einflussreichsten spirituellen Lehrer des Mittelalters.

Seine Schriften, darunter “De Diligendo Deo” (Über die Liebe zu Gott) und seine Predigten über das Hohelied, zeugen von einer tiefen mystischen Einsicht und einer Fähigkeit, die theologischen Wahrheiten in einer Weise darzustellen, die sowohl das Herz als auch den Verstand ansprach. Die bildhafte Sprache und die poetische Schönheit seiner Werke trugen dazu bei, dass Bernhard als einer der größten spirituellen Lehrer der Kirche anerkannt wurde.

Choralreform und liturgischer Einfluss

Im Auftrag des Generalkapitels der Zisterzienser wurde Bernhard auch die Verantwortung für die “zweite” zisterziensische Reform des gregorianischen Chorals übertragen. Die erste Reform dieser Art hatte zuvor der heilige Stephan Harding durchgeführt. Zwischen 1148 und 1153 erstellten Bernhard und seine Mitarbeiter neue Versionen des liturgischen Gesanges. Ihr Ziel war es, diese Gesänge nach den Kriterien der Ursprünglichkeit und Schönheit zu reformieren, um die spirituelle Wirkung des liturgischen Gesangs zu maximieren.

Diese Choralreform beeinflusste nicht nur den Zisterzienserorden, sondern auch andere religiöse Gemeinschaften, darunter den jungen Dominikanerorden. Die Arbeit Bernhards und seiner Mitarbeiter legte damit den Grundstein für eine tiefgreifende Erneuerung des liturgischen Lebens, deren Auswirkungen weit über den Zisterzienserorden hinausreichten und die liturgische Praxis der gesamten Kirche prägten.

Aparicion de la Virgen a san Bernardo
Das Werk stellt die Jungfrau Maria dar, die das Christuskind auf dem Arm trägt und dem Heiligen Bernhard von Clairvaux erscheint.

Von Frankreich ausgehend breitete sich der Orden schnell nach ganz Europa aus. In Deutschland, England, Spanien, Portugal und Osteuropa entstanden zahlreiche Zisterzienserklöster, die nicht nur religiöse, sondern auch wirtschaftliche und politische Bedeutung erlangten. Diese Klöster spielten eine zentrale Rolle in der Christianisierung, der landwirtschaftlichen Entwicklung und der wirtschaftlichen Stabilisierung der Regionen, in denen sie sich niederließen. Die Zisterzienser legten besonderen Wert auf Landwirtschaft und Siedlungstätigkeit, wodurch sie maßgeblich zur Urbarmachung von Land und zur Entwicklung neuer landwirtschaftlicher Techniken beitrugen.

Architektonisch prägten die Zisterzienser die Entwicklung der Gotik durch ihre schlichte, harmonische Bauweise, die im Gegensatz zur oft reich verzierten Architektur der Zeit stand. Ihre Klöster wurden zu wirtschaftlichen und spirituellen Zentren, die einen bedeutenden Einfluss auf die mittelalterliche Gesellschaft ausübten. Die dynamische Ausbreitung des Zisterzienserordens im 12. Jahrhundert hatte weitreichende Auswirkungen auf die religiöse und kulturelle Landschaft Europas und hinterließ ein bleibendes Erbe, das noch heute spürbar ist.

Selig- und Heiligsprechung

Bernhard starb am 20. August 1153 in Clairvaux, tief betrauert von seinen Mönchen und zahlreichen Anhängern in ganz Europa. Seine Seligsprechung erfolgte am 18. Januar 1174 durch Papst Alexander III., der ihn später im selben Jahr auch heiligsprach. Bernhards Schriften, die sich durch edle Reinheit und Herzlichkeit auszeichnen, und sein spirituelles Erbe haben bis heute Bestand.

Papst Pius VIII. verlieh Bernhard den Ehrentitel “Doctor ecclesiae” (Kirchenlehrer) und bestätigte damit seine herausragende Bedeutung für die christliche Theologie. Bernhard von Clairvaux wird oft als weißer Mönch dargestellt, mit einem Buch in der Hand als Zeichen seiner Askese und seiner fortwährenden spirituellen Bemühungen. Er ist Patron von Gibraltar und Ligurien und wird bei verschiedenen Anliegen wie Besessenheit, Dämonenabwehr und gegen Unwetter angerufen.

Maximilian Kolbe und Bernhard von Clairvaux

Unser Gründer der Militia Immaculatae, Maximilian Kolbe, bewunderte Bernhard von Clairvaux zutiefst und sah in ihm ein leuchtendes Vorbild der Marienverehrung. Er schätzte Bernhards Marienfrömmigkeit und seine theologische Tiefe und sah in Bernhard einen Wegbereiter der marianischen Spiritualität, dessen Einsichten und Hingabe an die Muttergottes auch in der modernen Zeit von unveränderlicher Bedeutung blieben. Bernhards Titel “Doctor Marianus” und seine tiefe Hingabe an Maria inspirierten seinen eigenen missionarischen Eifer, Maria in den Mittelpunkt seines Lebens und seiner Arbeit zu stellen.

Bernhards Schriften waren für Maximilian Kolbe eine Fundgrube spiritueller Weisheit, insbesondere in Bezug auf die Rolle Marias im Heilsgeschehen. Er erkannte in Bernhard einen Bruder im Geiste, der die Liebe und Verehrung Marias in die Herzen der Gläubigen brachte und sie als mächtige Fürsprecherin und Mutter aller Christen darstellte. So führte er Bernhards Lehren fort und verbreitete die marianische Spiritualität durch sein eigenes Leben und Werk, was Bernhards Einfluss bis in die heutige Zeit bezeugt.

Wir können an der Marienverehrung des heiligen Bernhards und des Maximilian Kolbes gleichzeitig Anteil nehmen, indem wir unsere Königin mit einem Hymnus ehren, an dessen Entstehung Bernhard von Clairvaux beteiligt war und Maximilian Kolbe als ein Gebet betrachtete, das nicht nur die Schönheit und Macht der Gottesmutter hervorhebt, sondern auch Trost und Hoffnung in schweren Zeiten spendet: Das Salve Regina:

Salve Regina

Latein:

Salve, Regina,
mater misericordiae;
Vita, dulcedo et spes nostra, salve
Ad te clamamus, exsules filii Hevae.
Ad te suspiramus,
gementes et flentes in hac lacrimarum valle.
Eia ergo, Advocata nostra,
illos tuos misericordes oculos
ad nos converte.
Et Jesum, benedictum fructum ventris tui,nobis post hoc exsilium ostende.
O clemens, o pia, o dulcis virgo Maria.

Deutsch:

Sei gegrüßt, o Königin,
Mutter der Barmherzigkeit,
unser Leben, unsre Wonne
und unsere Hoffnung, sei gegrüßt!
Zu dir rufen wir verbannte Kinder Evas;
zu dir seufzen wir
trauernd und weinend in diesem Tal der Tränen.
Wohlan denn, unsre Fürsprecherin,
deine barmherzigen Augen
wende uns zu
und nach diesem Elend⁠ zeige uns Jesus,
die gebenedeite Frucht deines Leibes.
O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria.

 

Quellen:

  • SCHUCK, Johann, Bernahrd von Clairvaux in: LThK 2 (1931), Sp. 197-201.
  • BITSCHNAU OSB, Otto, Das Leben der Heiligen Gottes nach den besten Quellen bearbeitet, Einsiedeln, Waldshut, Köln 1898, S. 1003-1007.
  • MELCHERS; Erna und Hans, Carlo (Bearb.) Das große Buch der Heiligen. Geschichte und Legende im Jahreslauf, München 1978, S. 526-530.

Bildnachweise:

  • Titelbild : Bernhard von Clairvaux (um 1450), Kirchenfenster, Paris, Musée de Cluny | Quelle: Musée de Cluny, Public domain, via Wikimedia Commons
  • Erscheinung der hl. Jungfrau, Pietro Perugino, Public domain, via Wikimedia Commons
  • Der Heilige Bernhard predigt 1146 in Vézelay den zweiten Kreuzzug |Quelle: Émile Signol, Public domain, via Wikimedia Commons
  • Bartolomé Esteban Murillo, Die Jungfrau Maria, die dem Heiligen Bernhard ihre Milch (Laktation) schickt, Prado-Museum, Madrid. | Quelle: Bartolomé Esteban Murillo, Public domain, via Wikimedia Commons
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