“Meister, wo wohnst du? – Komm und sieh!” (Joh 1,38-39)
Als die ersten Jünger – und zukünftigen Apostel – mehr über Jesus erfahren wollen, den Johannes der Täufer als den verheißenen Messias bezeichnet hat, werden sie von Jesus eingeladen, mit ihm zu kommen. Er könnte ihnen durchaus einen vollständigen Bericht über seine Menschwerdung und dann die kommende Erlösung geben, aber sie sind noch nicht dazu bereit: Es ist ein zu tiefes Geheimnis, das weit über die Vorstellungen eines galiläischen Fischers – und sogar einer geschaffenen Intelligenz – hinausgeht, und das sich nicht in wenigen Worten erklären lässt. Man bereitet sich nicht darauf vor, etwas von Gottes Plan zu erfassen, indem man schnell eine Wikipedia-Notiz liest! Jesus schlägt ihnen lediglich vor, ihm zu folgen. Alles wird zu seiner Zeit kommen.
Dasselbe gilt im Fall der Muttergottes. Wir können nicht zu Jesus gelangen, ohne durch seine heilige Mutter zu gehen. Aber auch ihr Geheimnis ist zu tief, zu übernatürlich für unsere schwache, getrübte Intelligenz. Es ist unmöglich, es in wenigen Worten zu erschöpfen. So beginnt das Evangelium damit, uns gleichsam den Adressaten vorzustellen: “Und der Name der Jungfrau war Maria” (Luk 1, 27). Somit wissen wir, an wen wir uns wenden müssen, wir wissen, zu wem wir beten müssen. Das Dogma und die Theologie werden folgen: ihre Unbefleckte Empfängnis, die jungfräuliche Empfängnis Jesu, ihre immerwährende Jungfräulichkeit, Himmelfahrt und Krönung im Himmel, die universelle Vermittlung der Gnaden: all dies werden die Jünger Jesu zu ihrer Zeit lernen. Aber zuerst müssen sie wissen, wie sie überhaupt zur Mutter Jesu gelangen können. Ihr Name ist Maria, sie kommt aus Nazareth, sie ist die diskrete Frau des Zimmermanns Joseph.
Es ist eine große Ehre, diesen Namen zu kennen: Man gibt seinen Namen nicht einfach irgendjemandem preis. Der Teufel zögert, seinen Namen zu verraten, denn er verliert seinen Einfluss, wenn er ans Licht kommt. Wir kennen die strengen Gesetze des heutigen Datenschutzes nur zu gut. Jeder schützt seine persönlichen Daten. Gott selbst wollte viel Feierlichkeit in die Offenbarung seines Namens Jahwe legen, und die Juden zeigten großen Respekt vor diesem Wort. Jesus fasst seine Predigten in seiner Rede nach dem Letzten Abendmahl zusammen und sagt: “Vater, ich habe den Menschen deinen Namen offenbart,” sozusagen als die Krönung seines ganzen Werks. Aber der Heilige Name Mariens wurde uns einfach gegeben, nicht, dass er von geringer Bedeutung wäre, sondern weil der Herr wollte, dass er leicht verwendet werden kann.
Dieser Name wird uns offenbart, damit wir ihn mit Vertrauen anrufen können. Bis zum letzten Augenblick unseres Lebens und selbst für den abtrünnigsten Sünder ist es noch möglich, Maria anzurufen, “jetzt und in der Stunde unseres Todes”. Er wird uns offenbart, damit wir sein Lob singen können (Salve Mater misericordiae…. O Maria!). Schließlich, damit wir die Gotteslästerungen wiedergutmachen können, durch die dieser heiligste Name so sehr beleidigt wird.
Lasst ihn uns nie leichtfertig aussprechen!