1. Die Sakramentalien im Allgemeinen
Christus der Herr hat die sieben Sakramente eingesetzt und sie seiner Kirche zur treuen Verwaltung hinterlassen. Sie sind nach der Definition, wie sie bereits der heilige Kirchenvater Augustinus in seinem Buche über den Gottesstaat anführt, ein Zeichen einer heiligen Sache. Das Konzil von Trient hat, zur Abwehr der Irrtümer, diese Definition des heiligen Augustinus dahingehend präzisiert, dass es vom Sakrament spricht „als sichtbarem Zeichen unsichtbarer Gnade, eingesetzt zu unserer Rechtfertigung“. Die Kirche hat im Laufe der Zeit ihren göttlichen Stifter dadurch nachgeahmt, dass sie, je nach Notwendigkeit, ebenfalls sichtbare Zeichen eingesetzt hat, welche unsichtbare Gnaden vermitteln. Dies sind die Sakramentalien. Der Unterschied zu den sieben Sakramenten ist nun ein zweifacher:
2. Die Sakramentalien im Gefolge des Epiphaniefestes
Der Anfang des Monats Januar ist nun durch besondere Sakramentalien ausgezeichnet, welche im Zusammenhang mit dem Epiphaniefest stehen, dem Fest der Heiligen Drei Könige am 6. Januar. Dieses ist eines der ältesten Feste neben dem Osterfest. In der Liturgie der Kirche, so wie sie uns heute entgegentritt, vereinigt das Epiphaniefest drei verschiedene Festinhalte, denen aber eines gemeinsam ist: Sie offenbaren alle drei in besonders deutlicher Weise die Gottheit Jesu Christi. Der erste Festinhalt ist die Verehrung des göttlichen Kindes durch die drei Weisen aus dem Morgenland, die dem Fest in unseren Breiten den Namen Dreikönigsfest eingetragen hat. Der zweite Festinhalt ist die Erinnerung an die Taufe Jesu Christi durch Johannes in den Fluten des Jordanflusses, die im Osten bereits im 4. Jahrhundert mit dem Epiphaniefest verknüpft war und die letztlich der Grund für die Wasserweihe am Vigiltag ist. Der dritte Festinhalt ist schließlich das Gedächtnis an das erste Wunder Jesu Christi, die Verwandlung des Wassers in Wein, auf der Hochzeit zu Kana. Auch dieser Festinhalt war im Osten von Anfang an sehr eng mit dem Epiphaniefest verbunden.
a. Das Dreikönigswasser
Bereits zur Zeit der ältesten Kirchenväter wurde wiederholt die Meinung vorgetragen, dass Christus durch das Hinabsteigen in den Jordanfluss bei seiner Taufe alle Gewässer der Erde geheiligt habe. Schon in einem Pilgerbericht aus dem Jahr 570 finden wir die Bezeugung, dass die Kirche von Jerusalem in Erinnerung daran eine feierliche Wasserweihe an diesem Fest vollzog. Dieser Gebrauch ging wegen seiner großen Beliebtheit schnell auf andere Kirchen des Orients über und fand dort als Flusssegnung allgemeine Verbreitung, während er im Abendland mit Ausnahme des unter byzantinischem Einfluss stehenden Süditaliens, soweit nachweisbar, keine weitere Verbreitung fand. Erst im 14. Jahrhundert lässt sich in unseren Breitengraden eine Wasserweihe am Vigiltag von Epiphanie nachweisen. Diese ersten schriftlichen Belege einer solchen Wasserweihe haben eine Formel, die fast mit der feierlichen Weihe des Weihwassers identisch ist. Erst im Sacerdotale Romanum von 1537 tritt uns eine Nachahmung der griechischen Vorlage entgegen. Besonders deutlich zeigt sich dies an der dreimaligen Eintauchung des Kreuzes in das Wasser, die zeigen sollte, dass im Kreuze Christi jene typische Erzählung des Alten Testamentes ihre Erfüllung gefunden hat, bei der Moses beim Auszug aus Ägypten an den bitteren Wassern von Mara im Auftrage Gottes ein Stück Holz ins Wasser warf und es daraufhin genießbar wurde. Diese Formel war dann bald allgemein in Gebrauch anstelle der gewöhnlichen Weihwasserformel. Am 6. Dezember 1890 wurde diese durch ein Dekret der Ritenkongregation verboten und durch eine neue ersetzt, die der Tatsache Rechnung trägt, dass es sich bei der in unseren Breiten üblichen Wasserweihe an der Vigil von Epiphanie nicht wie im Osten um eine feierliche Flusssegnung handelt, sondern um die Weihe eines stehenden Wassers.
Diese heutige Weiheformel beginnt mit der Anrufung aller Heiligen durch die Allerheiligenlitanei, in welche zwei Bitten um Segnung und Heiligung dieses Wassers eingefügt sind. Im Anschluss daran folgt der Psalm 28. Diese beiden Elemente wurden aus der vorhergehenden Weiheformel übernommen. Danach folgen in der jetzigen Formel der Psalm 45 und der Psalm 146. An diesen schließt sich ein Ausschnitt aus dem im Auftrag Papst Leos XIII. im Mai 1890 veröffentlichten Exorzismus gegen den Teufel und die abtrünnigen Engel an. Nach dem Exorzismus folgt die Benedictusantiphon der Laudes des Epiphaniefestes, mit der entweder das Benedictus oder das Magnificat gebetet wird. Nach der Wiederholung der Antiphon folgt die Oration des Epiphaniefestes. Nun folgt der eigentliche Hauptteil, der Exorzismus über das Salz, der Segen des Salzes, der Exorzismus über das Wasser und die Segnung des Wassers, die Vermischung der Elemente und die abschließende Oration der gewöhnlichen Weihwasserweihe. Nach der Besprengung des Volkes wird das Te Deum mit Versikel und Oration gebetet.
Mit dem neugeweihten Dreikönigswasser wird dann anschließend die bei uns seit dem 15. Jahrhundert übliche Besprengung der Wohnräume und der Ställe vorgenommen.
b. Gold, Weihrauch und Myrrhe
Eine weitere Segnung im Zusammenhang mit dem Epiphaniefest ist die von Gold, Weihrauch und Myrrhe. Diese Weiheformel tritt uns seit dem Mittelalter entgegen. Den Anlass dazu bot das Evangelium des Dreikönigsfestes, in dem von den Gaben der Magier berichtet wird. Der Weihrauch, der hier geweiht wurde, war schon immer, wie aus der Weiheformel sehr deutlich hervorgeht, für das Volk zum Räuchern in den Häusern und Ställen bestimmt. An dieser Segnung zeigt sich sehr deutlich das Bestreben der Kirche, bestehendes Brauchtum (das Räuchern in den Rauhnächten) aufzugreifen und mit christlichem Inhalt zu füllen. Zum Ausgang des Mittelalters war die heutige Weiheformel für Gold, Weihrauch und Myrrhe bereits in Gebrauch, welche die drei Sakramentalien zum Schutz in all den Gefahren des Lebens segnet.
c. Kreide
Die Segnung der Kreide, mit der die Namen der Heiligen Drei Könige, Kaspar, Melchior und Balthasar, auf die Türen der Häuser geschrieben werden, stammt aus der Neuzeit. Das Rituale Romanum von Papst Paul V. von 1614 kennt diese Segnung bereits. Bemerkenswert an ihr ist die Erwähnung der Namen der Heiligen Drei Könige, die sich ansonsten in keinem liturgischen Buch der Kirche findet.
d. Segnung der Häuser
Die letzte Segnung im Zusammenhang mit dem Epiphaniefest ist eine Segnung der Häuser. Diese ebenfalls in der Neuzeit aufgekommene Segnung offenbart die Festfreude der Kirche anlässlich der gnadenreichen Erinnerungen, die sich an Epiphanie knüpfen mit dem Magnificat am Anfang der Segnung. Dann folgt die Segnung des Hauses, eingeleitet durch das Responsorium „Illuminare“ („Werde erleuchtet!“), gleichsam um anzudeuten, dass von dem Gnadenlicht, welches über der Kirche ausgegossen ist, ein Strahl auch in das zu segnende Haus eindringen soll. Die eigentliche Segnung des Hauses erfolgt in einem überaus herzlichen Gebet, das uns die Sitte der Häuserweihe an Epiphanie doppelt wertvoll machen soll. In diesem Gebet bittet die Kirche, es möchten in dem Hause infolge der Segnung herrschen: Gesundheit, Keuschheit, die Kraft der Selbstüberwindung, Demut, Güte, Sanftmut, Erfüllung des Gesetzes und dankbare Gesinnung gegen Gott.
Quelle: fsspx.ch