Die vierte Erscheinung von Fatima – 19. August 1917

Die vierte Erscheinung von Fatima – 19. August 1917

Die vierte Erscheinung in Fatima fand nicht am 13. August statt und auch nicht am selben Ort.

Wie ist es dazu gekommen?

Die Ereignisse am 13. August

Nach der dritten Erscheinung am 13. Juli, bei der Maria den Kindern die Hölle gezeigt und gleichzeitig ein Wunder im Oktober angekündigt hat, schäumt Satan mit umso heftigerer Wut gegen die Pläne der Himmelskönigin. Er weiss, dass Fatima ihm Tausende ja Millionen Seelen entreissen kann. Fatima war in Portugal sichtbar zu einem Zeichen der Hoffnung geworden – für viele leidgeplagte, verzagte und verirrte Seelen, die der  Teufel schon fest in seiner «Tasche» geglaubt hatte.

Artur de Oliveira SantosDer Bezirksvorsteher von Ourem, Arturo Oliveira Santos, ein Mann, bereits 30 Jahre Freimaurer, ist wohl ein geeignetes Werkzeug, um dem «Spuk» in Fatima ein Ende zu bereiten. Unter dem Vorwand, an die Erscheinungen zu glauben und die Kinder zu ihrem Schutz an den Erscheinungsort zu fahren, brachte er sie an diesem 13. August stattdessen zu der Stadt Ourem und sperrte sie in einem Zimmer ein, wo er mit Drohungen und Versprechungen – wie es Lucia später schilderte – versuchte, sie dazu zu bringen, das Geheimnis von Fatima zu verraten. Als dies nicht fruchtete, liess er sie tags darauf sogar ins örtliche Gefängnis werfen[1]. Währenddessen warteten 20.000 Menschen in der Cova da Iria vergeblich auf die Kinder und die Erscheinung der Gottesmutter.[2]

In insgesamt neun Verhören wurden die Kinder zuletzt mit dem Tode bedroht. Oliveira liess die Kinder glauben, dass sie in siedendes Öl geworfen würden. Und nachdem sie einzeln nacheinander abgeführt wurden, mussten die zurückgebliebenen Kinder glauben, dass ihre Cousine/Schwester/ Bruder unter grausamen Schmerzen getötet worden war.  Doch die Kinder blieben standhaft. Keines verriet auch nur ein Sterbenswörtchen von dem Geheimnis, das ihnen von der Himmelskönigin anvertraut worden war.

ChildrensofFatimaWenn man innehält und bedenkt, was hier geschehen ist, dann wage ich zu sagen, die Mutter Gottes hat nicht bis zum 13. Oktober gewartet, um ein Wunder zu wirken. (was sie dann natürlich in staunenswerter Weise auch an jenem 13. Oktober mit dem Sonnenwunder getan hat)  An diesen Kindern hat sie mit ihrem Erscheinen bereits in jenen Ereignissen im August sichtbar ein Wunder gewirkt. Unter gewöhnlichen Umständen würden Kinder im Alter von 6 bis 9 Jahren einer solchen Bosheit nicht standhalten können. Und es zeigt, wie Gott in dieser Welt wirkt. Er braucht nicht die Grossen dieser Welt, um Grosses zu bewirken. Er sendet seine Mutter, die sich unmündiger kleiner Kinder bedient, um den – für das Gnadenwirken Gottes offenen – Menschen jene Gnaden zu schenken, die sie zu ihrem Heil so dringend benötigen und die sie zu unüberwindlichen Zeugen des Himmels macht. So verherrlichen kleine Kinder Gottes Allmacht und Weisheit gegen alle Bosheit dieser Welt und werden zum Segen und Heil für Tausende, vielmehr wohl Millionen von Seelen.[3]

Und nicht einmal das drohende Martyrium konnte sie dazu bewegen, den vorgezeichneten Weg der Himmelskönigin zu erlassen und das ihnen anvertraute Geheimnis zu verraten. Die Aussicht, zu dieser schönen Dame in den Himmel zu kommen, liess sie alle irdische Mühsal, Schmerz und Not vergessen. (Schon bei der zweiten Erscheinung am 13. Juni, als Maria den beiden Kleineren versprochen hatte, sie schon bald in den Himmel zu holen, stellte Lucia die wehmütige Frage: «Und ich, muss ich allein hier unten bleiben?!»

Die vierte Erscheinung vom 19. August

Das folgende ist die Beschreibung der vierten Erscheinung, wie Lucia sie in ihren Erinnerungen festgehalten hat und  Pater Stehlin diese wiedergibt in:  Fatima – Leitstern für die letzten Zeiten, Band 1  S.111f:

Monumento a Nossa Senhora Cabeço dos Valinhos Fátima 03Am Sonntagnachmittag, dem 19. August, weidete Lucia zusammen mit Francisco und Johannes, seinem älteren Bruder, Schafe an einem Ort namens Valinhos.

Lucia berichtet: „Plötzlich fühlte ich, wie sich etwas Übernatürliches nahte und uns umhüllte.“ Sie bat Johannes, schnell Jacinta zu holen. Es war etwa vier Uhr nachmittags.

„In der Zwischenzeit sahen Francisco und ich das Aufleuchten des Lichts, das wir ‚Blitz’ nannten. Jacinta kam, und wir sahen Unsere Liebe Frau auf einer Steineiche.

‚Was möchten Sie von mir?’

‚Ich wünsche, dass ihr weiterhin an den 13. des Monats zur Cova da Iria kommt und den Rosenkranz jeden Tag betet. Im letzten Monat werde ich ein Wunder wirken, so dass alle glauben können. Wenn ihr nicht in die Stadt gebracht worden wäret, wäre das Wunder sogar noch grösser geworden. Der heilige Joseph wird mit dem Jesuskind kommen und der Welt Frieden geben. Unser Herr wird kommen, um die Menschen zu segnen. Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz und Unser Liebe Frau vom Mitleiden wird ebenfalls kommen.’

‚Was sollen wir mit dem Geld tun, das die Menschen in der Cova da Iria lassen?’

‚Lasst zwei Tragen machen! Eine soll von dir und Jacinta und zwei anderen weiss gekleideten Mädchen getragen werden; die andere soll von Francisco und drei anderen Jungen getragen werden. Das Geld für die Tragen ist für das Rosenkranzfest und was von dem Geld übrig ist, soll dazu verwendet werden, hier eine Kapelle zu errichten.’

‚Ich möchte Sie bitten, einige Kranke zu heilen.’

‚Ja, ich werde einige von ihnen im Laufe des Jahres heilen.’

(Dann schaute Unsere Liebe Frau traurig und sagte:)  ‚Betet, betet sehr viel und bringt Opfer für die Sünder: Denn viele kommen in die Hölle, weil niemand sich selbst für sie opfert und für sie betet.’ Dann begann sie wie üblich Richtung Osten aufzusteigen.“

 

Anmerkungen der MI-Redaktion

20190530 Spain and Portugal El Camino Pilgrimage 0176 48002582881Das Ergreifendste im Dialog von Lucia mit der Himmelskönigin erscheint am Schluss in dem traurigen Blick der Mutter Gottes und ihrer Klage, dass viele verloren gehen, weil niemand für sie betet und opfert.  So können wir sicher sein, dass alles, was wir in Geduld ertragen, annehmen oder auf uns nehmen, den vielen – von denen die Gottesmutter spricht – zu ihrem Heile zukommen wird. Durch ihre unbefleckten Hände dargebracht – wird und soll alles, unser Beten und Handeln und Leiden, zum Segen werden für viele leidende, verirrte Seelen. Seelen, die in der Ewigkeit mit einem liebenden, dankerfüllten Herzen – vereint mit den Heerscharen des Himmels Gott anbeten und preisen werden. Aber finden sich keine opferbereiten Seelen, so werden diese verirrten Seelen hassend, fluchend, leidend und widerwillig die Gerechtigkeit Gottes anerkennen müssen, in alle Ewigkeit zu keinem Akt der Liebe fähig.

Was die Mutter Gottes hier ausspricht, wird Papst Pius XII. im Jahre 1943 in seiner Enzyklika «mystici corporis» mit den Worten wiedergeben:

«Ein wahrhaft schaudererregendes Mysterium, das man niemals genug betrachten kann: dass nämlich das Heil vieler abhängig ist von den Gebeten und freiwilligen Bußübungen der Glieder des geheimnisvollen Leibes Jesu Christi, die sie zu diesem Zweck auf sich nehmen; und von der Mitwirkung, die die Hirten und Gläubigen, besonders die Familienväter und -mütter, unserem göttlichen Erlöser zu leisten haben.»

 

Bilderquellen:

  • Statue Valinhos Fatima, 20190530_Spain and Portugal El Camino Pilgrimage_0176, by The Compass News, Public Domain via Wikimedia
  • Artur de Oliveira Santos (1884-1955), Museu Municipal de Ourém, Public Domain via Wikimedia
  • Cabeço dos Valinhos, CC-BY-SA 4.0 by Reis Quarteu, via Wikimedia
  • Die drei Hirtenkinder von Fátima: Lúcia, Francisco und Jacinta, Joshua Benoliel zugeschrieben, Public Domain via Wikimedia

[1] Dort hatten auch die Häftlinge mit den Kindern Mitleid und beteten mit diesen zusammen den Rosenkranz!

[2] Siehe dazu eine genaue Beschreibung durch Pater Stehlin: Fatima Leitstern für die letzten Zeiten Band 1  S.105ff  Wie viele Augenzeugen später bestätigten, kam es am Erscheinungsort zu seltsamen Phänomenen wie einem Donnerschlag, dann einem Blitzlicht und einer kleinen weissen Wolke über der Eiche, was die Menschen natürlich dahingehend deuteten,  dass die Mutter Gottes tatsächlich anwesend war, wenn auch niemand sie sehen konnte.

[3] Pater Stehlin erwähnt – im 2. Band von Fatima: Leitstern für die letzten Zeiten – die Äusserung von Kardinal Cerejeira, dass Jacintha durch ihre vielen Gebete und heroischen Opfer mehr Seelen rettete, als viele Missionare auf der ganzen Welt zusammen zur gleichen Zeit. Inzwischen sind die beiden Kinder Jacintha und Francesco heilig gesprochen.

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