Führt Fasten zum geistigen Fortschritt?

Führt Fasten zum geistigen Fortschritt?

Zitat 2024 KW 08 scaledFasten ist wahrlich eine geistliche Disziplin, die uns dabei hilft, unsere Leidenschaften zu überwinden und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nachstehend Ausschnitte einer Predigt, die zunächst grundlegende Fragen klärt und anschliessend auf den Nutzen eingeht und uns anspornen soll, das Fasten ernst zu nehmen:

Eucharistische Fasten und das kirchliche Fasten

Fasten bedeutet hauptsächlich, auf Nahrung zu verzichten. Es gibt zunächst das eucharistische Fasten und das kirchliche Fasten. Mindestens eine Stunde vor der heiligen Kommunion ist man aus Respekt und zu Ehren des Allerheiligsten verpflichtet, auf Essen und Trinken ausser Wasser zu verzichten. Drei Stunden wäre traditioneller und gilt sicher noch als Empfehlung. So ist das eucharistische Fasten.

Anders ist es beim kirchlichen Fasten, das einem Gebot der Kirche entspricht und verlangt, nur einmal am Tag satt zu werden. Das bedeutet, dass im Laufe des Tages eine normale Mahlzeit eingenommen wird. Erlaubt sind außerdem zwei Stärkungen, in der Regel ein Kaffee mit einem Stück Brot am Morgen und etwas mehr oder weniger Ähnliches am Abend.

Wer muss wann fasten?

Gemäss Kirchenrecht ist dieses Fasten ab 18 Jahren (bis 59), am Aschermittwoch und am Karfreitag verpflichtend. Für die Mitglieder des dritten Ordens der Priesterbruderschaft St. Pius X. kommen die Fastenfreitage und Quatember-Tage, sowie die Vigilien von Allerheiligen, Unbefleckte Empfängnis, Weihnachten und Pfingsten hinzu. Diese Praxis wurde früher von allen gefordert. Sie wird auch heute noch in gewisser Weise empfohlen; die Natur des Menschen und seine Begierlichkeit haben sich ja ihrerseits nicht geändert.

Was ist Abstinenz?

Nun, bevor wir zu den Gründen des Fastens kommen und seinen geistlichen Vorteil erfassen, bleibt noch der Hinweis für die Abstinenz in Bezug zur Fastenzeit aufzufrischen. Das Abstinenzgebot verbietet Fleisch und Fleischbrühe am Aschermittwoch und aller Freitage des Jahres, ausser gebotene Feiertage. Für den dritten Orden ist jeder Fastentag auch ein Abstinenztag.

Abstinenz und Fasten sind nämlich verbunden, weil sie das Gleiche erreichen wollen: das geistliche Wohl des Christen.

Der Sinn des Fastens

Fasten, liebe Gläubige, bedeutet grundsätzlich auf Nahrung zu verzichten, aber das allein, im geistlichen Sinn, reicht nicht. Der ganze Wert des Fastens besteht darin, aus Verlangen nach geistlicher Gesundheit zu fasten, aus Verlangen nach der Gesundheit der Seele.

Der heilige Augustinus fasst dieses Ziel wie folgt zusammen: «Fasten reinigt die Seele, erhebt den Geist, unterwirft das Fleisch, verleiht dem Herzen Reue und Demut, zerstreut die Wolken der Begierde, löscht die Glut der Leidenschaften und entzündet das wahre Licht der Keuschheit.»

Mit anderen Wörtern stellt die Abtötung wieder die natürliche Ordnung her, die seit der Erbsünde gestört wurde. Die Abtötung trägt zur wahren Befreiung der Seele von der Sklaverei der Leidenschaften bei, – insbesondere von der Sklaverei der Unmässigkeit in allen Gebieten. «Denn das Fleisch begehrt wider den Geist und der Geist wider das Fleisch.» (Gal 5,17) sagt der heilige Paulus.

Wider die Lust des Fleisches

ApfelHier ist die erste Wohltat des Fastens und der Abstinenz: sie arbeiten daran mit, die Bande zu durchtrennen, die den Menschen an die Lust des Fleisches binden, und vom geistlichen Wohl abwenden. Es ist nämlich wie für ein Heissluftballon. Solange das Seil, das ihn am Boden hält, nicht durchtrennt wird, ist er darauf beschränkt, nach dem Himmel zu streben, ohne ihn jemals zu erreichen. Im Gegenteil, sobald das Seil durchtrennt wird, erhebt er sich leichtflüssig zum Himmel.

Um der Seele ihre natürliche Bewegung zur Höhe zu lassen, brauchen wir, das Seil, das an die irdischen Vergnügungen bindet, zu durchtrennen. Dann wird die Seele frei, sie wird frei, die geistlichen Güter zu kosten, und in ihnen ihr wahres Wohl finden. Weil die Seele ja für Gott erschaffen ist. Was für eine Würde und Ehre! – Am Leben des Allerhöchsten teilzunehmen. «Erkenne, o Christ, deine Würde!» rief der heilige Leo der Grosse einmal aus.

Gebet und Betrachtung werden einfacher

Dort liegt in der Tat die zweite Wirkung der Abtötung: das Gebet und die Betrachtung Gottes einfacher machen, und damit tiefer in das Geheimnis Gottes einzutreten. «Den Kinder gehört das Himmelreich» (Mat 19,14) sagt Jesus, weil die Kinder ein reines und unschuldiges Herz haben, – das daher Gott sich nähern kann.

Das Fasten und die Abstinenz reinigen unsere Herzen, helfen diese schöne Freiheit der Kinder Gottes zu erwerben, Bedingung der Erhöhung zu Gott.

Was erlebte der hl. Antonius, der Einsiedler?

Hl. Antonius der GrosseIm dritten Jahrhundert in einer Wüste Ägyptens lebte der heilige Antonius der Einsiedler. Er verbrachte seine Zeit in Fasten, Gebet und Wachsamkeit. Durch ein solches Leben der Abtötung erwarb er eine ausserordentliche Stärke gegen die bösen Geister.

Eines Nachts, – als er wieder gequält wurde, weil er länger als gewöhnlich gefastet und gebetet hatte, – gewann er einen neuen Sieg gegen einen Dämon, der verängstigt gestand: «Ich habe viele getäuscht und noch mehr überwunden. Aber jetzt, da ich dich angreifen wollte, – wie ich es bei vielen anderen getan habe, – habe ich doch meine Schwäche erfahren.» Und der Dämon floh daraufhin aus Angst, sich ihm wieder zu nähern, und der Heilige fand Trost in Gott.

Fasten führt zur Liebe Gottes

Offensichtlich sollte das Gebet immer in der Nähe des Fastens sein, liebe Gläubige. Damit das Fasten eigentlich eine übernatürliche Wirkung bekommt, muss das Fasten ein übernatürlicher Akt der Tugend sein. Wie uns der heilige Paulus in der Lesung daran erinnert, wenn wir alles haben und daher alle möglichen Werke vollbringen, aber die Liebe nicht haben, «so nützen sie uns nichts.»

Die Liebe Gottes ist das Wesentliche aller übernatürlichen Taten. Ohne die Liebe Gottes sind unsere Handlungen fruchtlos, aber alle Handlungen, auch die Kleinste, -wie das Fasten und die Abstinenz in der Fastenzeit, – erwerben durch die Liebe Gottes einen ewigen Wert, der sowohl als Busse für unsere Sünden als auch als Erhöhung zu Gott gilt.

MarienstatueAufruf: die Fastenzeit ernst nehmen

Zum Schluss, liebe Gläubige, möchte ich Sie noch ermutigen, die Opfer in der Fastenzeit nicht leicht zu nehmen. Wir sind durch das Blut Christi gekauft und befreit worden. Ahmen wir den Blinden im Evangelium nach: «Auf der Stelle konnte er wieder sehen. Er pries Gott und folgte Jesus nach.»

Wir tragen die Nachwirkungen der Blindheit unserer Sünden, aber wenn wir in Demut und mit Zuversicht zum Heiland gehen, und ihm unseren guten Willen zeigen, verzeiht Er uns unsere Sünden, und wendet Er uns sein Heil zu, Quelle der ewigen Freude.

 

O Immaculata, hilf uns, die Fastenzeit gut zu nutzen!

 

Text-Quelle:

Aus einer Predigt von H. H. Pater P. JB de Sereys, gehalten am 11.2.2024 in Basel, leicht überarbeitet und mit Überschnitts-Abschnitten versehen von der MI-Redaktion.

Bilder-Quellen:

  • Wasser und Brot: com
  • Apfel: com
  • Der hl. Antonius, der Einsiedler: Wikipedia (public domain, Seitenflügel des ersten Schaubilds des Isenheimer Altars, by Matthias Grünewald)
  • Marienstatue: com
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