Die europäischen Mächte waren uneins und in sich gespalten. Dass das christliche Europa im Jahre 1571 einen entscheidenden Sieg gegen den Islam erringen konnte, ist maßgeblich dem heiligen Papst Pius V. und dem Gebet des heiligen Rosenkranzes zu verdanken.
In diesem Jahr begehen wir den 450. Gedenktag der Schlacht von Lepanto. Werfen wir einen Blick zurück auf diese für die Christenheit und das christliche Abendland so denkwürdige Schlacht gegen den Islam.
Die Ausgangslage
Im Jahre 1453 hatten die Muslime bereits Konstantinopel eingenommen, das damalige Zentrum des Christentums im Osten, und benannten die Stadt in „Istanbul“ um. Sie setzten ihre Eroberungszüge im gesamten Mittelmeerraum fort und unterwarfen große Teile des Balkans, Ungarns und Rumäniens. Im Jahre 1529 bedrohten sie Wien und versuchten Rom, das Herz des Christentums, zu erobern. Auch wenn diese Pläne scheiterten, war die islamische Bedrohung des christlichen Europas keineswegs gebannt. Als Selim II. 1566 Sultan wurde, stieg die Gefahr erneut. Er nahm 1570 die Insel Zypern ein, überfiel Anfang 1571 die venezianischen Inseln in der Adria und rückte immer näher an Rom heran. In dieser Situation erkannte kein anderer als Papst Pius V. das Ausmaß der damaligen Bedrohung durch den Islam. Pius V. trat mit Geduld, Tatkraft und Weitsicht dieser Gefahr entgegen.
Ein Asket, Büßer und Beter auf dem Stuhl Petri
Bereits vor seiner Wahl zum Papst führte der vormalige Kardinal Ghislieri als schlichter Dominikaner ein einfaches Leben strengster Askese. Nach seiner Ernennung zum Papst nahm er den Namen Pius V. an und blieb seinen einfachen Lebensgewohnheiten treu. Unter den päpstlichen Gewändern trug er das raue Unterkleid seines Ordens, war anspruchslos in Speise und Trank, hielt das Fasten mit äußerster Strenge und behielt auch all die religiösen Übungen bei, die ihn seit Jugend an begleiteten. Pius V. war ein Mann des Gebetes, ein tiefer Verehrer der hl. Eucharistie, der an Festtagen mehrmals die hl. Messe feierte und sich zweimal im Jahr zu Fuß zu den sieben Hauptkirchen Roms begab. Eine innige Beziehung verband ihn mit unserer himmlischen Mutter. Täglich betete er den Rosenkranz. Die harten Bußübungen eines langen Lebens zeichneten sein Äußeres. Papst Pius V. kümmerte sich wenig um politische Rücksichten und menschliche Klugheit. In der Vergangenheit hatte er sich mit den Irrlehren des Protestantismus auseinandergesetzt und der katholischen Kirche zu neuer Stärke verholfen, indem er die Bestimmungen des Konzils von Trient umsetzte. Zudem hatte er einen neuen römischen Katechismus herausgegeben und eine Reform des Klerus herbeigeführt. Das Heil der Seelen bildete das Zentrum all seines Handelns. Wie der Autor Seppelt schreibt, schien in ihm – nach der langen Krisenzeit der Renaissancepäpste – „das ersehnte Ideal eines religiösen Papstes im Vollsinn des Wortes verkörpert“.
In dieser gefahrvollen Situation machte es sich Pius V. zur Aufgabe, die zerstrittenen christlichen Mächte zu einen und eine „Heilige Liga“ zur Verteidigung des Abendlandes zu gründen. Das große Ziel Pius V., eine Allianz aller europäischen Mächte zu erreichen, scheiterte insbesondere an unterschiedlichen macht- und wirtschaftspolitischen Interessen und Rivalitäten. Verhandlungen mit Frankreich, England, Polen und Russland missglückten. Letztlich gelang es Pius V. in schwierigen Verhandlungen doch noch, die Gründung einer – wenn auch kleinen – Heiligen Liga zwischen dem Heiligen Stuhl und den führenden Seemächten Spanien und Venedig zu erzielen, um als Gegengewicht gegen die türkische Seemacht eine eigene christliche Flotte zu formieren. Befehlshaber der Flotte wurde Don Juan d’Austria, Sohn des deutschen Kaisers Karl V. und Halbbruder des spanischen Königs Philipp II. Der Flotte der Heiligen Liga gesellten sich auch Genua, die Städte der Toskana, Savoyen und die Johanniter von Malta dazu. Trotz ihrer beachtlichen Größe war die christliche Flotte der osmanischen vor allem an Zahl der Kampftruppen weit unterlegen.
Das geistliche Schwert des Abendlandes
Im Gegensatz zu unseren heutigen Staatenlenkern wusste Pius V., dass die seit langem bestehenden Spannungen zwischen Christentum und Islam einen sehr realen geistlichen Kampf und einen Zusammenstoß von völlig verschiedenen Glaubensbekenntnissen beinhaltete. Um die islamische Bedrohung zu besiegen, wünschte er sich zwei Arten von Schwertern, um das Kreuz Christi zu verteidigen: das Schwert aus Stahl und das geistliche Schwert des Rosenkranzes. Als frommer Dominikaner rief Pius V. alle Christen zum Rosenkranzgebet auf, während die Heilige Liga die Soldaten stellte, die das Schwert aus Stahl führen sollten.
Don Juan, ein frommer Katholik, der eine ritterliche Liebe zur Himmelskönigin hegte, war sich seiner wichtigen Aufgabe bewusst. Bevor er in die Seeschlacht zog, gab er den Befehl, dass jegliche Gotteslästerung auf seinen Schiffen verboten sei und verlangte, dass alle seine Männer drei Tage lang fasten sollten. Auf Geheiß von Pius V. sorgten Don Juan d’Austria und die übrigen Admiräle für ein tugendhaftes und christliches Leben der Besatzung, indem namentlich das Glücksspiel und Fluchen unterbunden wurden. Neben den Seeleuten und den Soldaten befanden sich auf den Schiffen auch Ordenspriester der Kapuziner und Jesuiten, welche die Sakramente spendeten und die Soldaten in ihren gefahrvollen Stunden mit geistlichen Worten aufrichteten und ihren Kampfesmut stärkten. Diese „geistliche Zurüstung“ trug Früchte. Begeisterung und Zuversicht erfüllte die Männer. Die Soldaten Don Juans erkannten, dass diese Schlacht in ihrem Kern eine übernatürliche Dimension besaß: Es war nicht eine gewöhnliche Auseinandersetzung, sondern es ging um die Freiheit Europas und des christlichen Abendlandes, ein Kampf für den christlichen Glauben und die Kirche Jesu Christi.
Diesem geistlichen Kampf stellte sich Pius V. in heroischer Weise. In inständigem Gebet empfahl er die christliche Flotte Gottes Barmherzigkeit und empfahl vermehrtes Fasten, Almosen und eifriges Gebet. In den kritischen Tagen vor der Schlacht ersuchte er den Klerus und das Volk zu anhaltendem Gebet und Opfer. Mit dreitätigem Fasten in der Woche und mehrstündigem Gebet war er selber ein leuchtendes Vorbild. Das Volk schloss er in den Rosenkranzbruderschaften zu großen Bußprozessionen zusammen. Papst und Volk waren so in inständigem Gebet an die Gottesmutter vereint. Grenzenlos war das Vertrauen Pius V. auf das Rosenkranzgebet.
Der „Wind Gottes“
Am 6. Oktober 1571, am Vorabend der Schlacht, ging der Oberbefehlshaber Don Juan d’Austria mit gutem Beispiel voran und forderte seine Männer zum Rosenkranzgebet auf, währenddessen leitete Pius V. selbst das Rosenkranzgebet im Dominikanerkloster Santa Maria Sopra Minerva in Rom. Der Papst war fest überzeugt, dass die Rettung Europas von der Fürsprache der Jungfrau Maria abhängt.
Die christliche Flotte stach am Morgen des 7. Oktober 1571 in See. Mit an Bord eines der Schiffe befand sich „La Morenita“, eine erste Kopie des Gnadenbildes von Guadalupe in Europa, welches der spanische König Philipp II. Don Juan d’Austria übergeben hatte. Don Juan gab dieses weiter an Admiral Andrea Dorea, der es als Feldzeichen der christlichen Flotte mit nach Lepanto führte. Als sich die christlichen und moslemischen Flotten gegenüberstanden, kämpften die Christen mit einem Gegenwind, der die Vorwärtsbewegung ihrer Schiffe fast verunmöglichte. Glücklicherweise drehte der Wind und ein leichter Rückenwind begünstigte die christliche Flotte. Die Christen deuteten diesen Richtungswechsel als „Wind Gottes“. Der christlichen Flotte gelang nach übereinstimmenden Aussagen der historischen Quellen an jenem 7. Oktober 1571, dem ersten Sonntag im Oktober, ein überwältigender Sieg, der den Vormarsch des osmanischen Islams nach Westen beendete.
Maria hat uns zum Sieg verholfen
Unbeschreiblicher Jubel brach in Europa aus, als die Siegesnachricht sich verbreitete. Obwohl er nicht persönlich an der Schlacht anwesend war, wusste Papst Pius V. bereits vor der Überbringung der Nachricht vom Sieg der christlichen Flotte: Er hatte in der Stunde des Sieges eine Vision, die ihm den Triumph der Christen schauen ließ. Diese Vision ereignete sich mehr als zwei Wochen, bevor der offizielle Kurier aus Venedig mit der Nachricht in Rom eintraf. Die westliche Zivilisation war vor den Muslimen gerettet worden. Pius V. schrieb diesen denkwürdigen Erfolg der Christenheit dem Rosenkranz zu. An den verschiedensten Orten erstanden Kirchen und Kapellen zu Ehren „Unserer Lieben Frau vom Sieg“. In vielen Städten, so auch in Genua, wurde die Darstellung „Maria vom Rosenkranz“ auf ihre Tore gemalt, andere nahmen das Bild unserer himmlischen Herrin, wie sie auf dem Halbmond steht, in ihr Wappen auf.
Durch die Entscheidung bei Lepanto konnte die Macht des türkischen Sultans zur See auf das östliche Mittelmeer beschränkt werden und der Mythos der Unbesiegbarkeit der türkischen Flotte war zerstört. Als Dank an die himmlische Königin führte Pius V. den Tag des Sieges als hohen Festtag „Gedächtnis Unserer Lieben Frau vom Sieg“ ein. In der Lauretanischen Litanei ließ der gleichnamige Papst fortan Maria unter dem Titel „Hilfe der Christen“ anrufen. Bereits im Jahr 1573 bestimmte Papst Gregor XIII., dass dieser Tag zukünftig am ersten Sonntag des Oktobers als „Rosenkranzfest“ zu begehen sei. So wurde dieser Siegestag als „Maria-Sieg-Fest“ in den liturgischen Kalender der Kirche aufgenommen und bald in „Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz“ umbenannt.
Selbst weltliche Autoritäten schrieben diesen Sieg von Lepanto unserer himmlischen Herrin und dem Rosenkranzgebet zu. So ließ die Seemacht Venedig am Palast des Dogen ein großes Gemälde der Schlacht anbringen, versehen mit den Worten:
„Weder Macht noch Waffen und Führer, sondern Maria vom Rosenkranz hat uns zum Sieg verholfen!“
Verwendete Quellen u. a. :
- Calloway, Donald H. Champions of the Rosary: The History and Heroes of a Spiritual Weapon. Marian Press. Kindle-Version
- Jentsch Thomas, Fatima und der Halbmond, 2007
- Niedermaier Richard, Mohammed vor den Toren – ein Kampf um Europa, 2015
- Pastor Ludwig von Freiherr, Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Reformation und Restauration, 1925
- Seppelt Franz Xaver, Papstgeschichte – Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 1949