Der 25. März ist das Fest Mariä Verkündigung, d.h. der große Tag, an dem Gott mit dem Einverständnis Marias in ihrem Schoß die menschliche Natur annahm. Alle Mitglieder der Militia Immaculatae können an diesem Tag einen vollkommenen Ablass erlangen (siehe Ablässe).
Der folgende Artikel ist dem Buch „Die Mutter des Erlösers“ von Pater Réginald Garrigou-Lagrange OP entnommen. Dieser Dominikaner lebte von 1877 bis 1964 und war Professor für Fundamentaltheologie und Dogmatik in Rom. Er gilt als der bedeutendste Thomist der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und hat etwa 800 Studien zum Thomismus, zur Fundamentaltheologie und zur Mystik verfasst. Der Autor zeigt, wie die Verkündigung mit der Zustimmung Mariens einhergeht und wie sie dadurch ihre Haupttugenden beweist.
Die beträchtliche Vermehrung der Gnade in Maria im Augenblick der Menschwerdung
Der Tag der Verkündigung markiert einen sehr großen Fortschritt der Gnade und der Liebe in der Seele Mariens.

Wie der hl. Thomas von Aquin erklärt, war es angemessen, dass der allerseligsten Jungfrau das Geheimnis der Menschwerdung angekündigt wurde, damit sie darüber unterrichtet würde und ihre Zustimmung geben konnte. Dadurch empfing sie das fleischgewordene Wort geistigerweise, wie die Väter sagen, bevor sie es leiblich empfing. Sie gab, fügt der hl. Thomas hinzu, ihre übernatürliche und verdienstliche Zustimmung im Namen der ganzen Menschheit, welche der Erneuerung durch den versprochenen Erlöser bedurfte.
Es war auch angemessen, dass die Verkündigung durch einen Engel geschah, als einem Botschafter des Allerhöchsten. Ein aufrührerischer Engel war die Ursache des Verderbens oder Sündenfalls gewesen, ein heiliger Engel und dazu der höchste der Erzengel verkündet die Erlösung. Es war zudem angemessen, dass Maria vor dem hl. Joseph über das Geheimnis aufgeklärt wurde, das sich in ihr vollziehen sollte, denn sie stand durch ihre Vorherbestimmung zur Gottesmutterschaft über ihm. Und schließlich war es angemessen, dass die Verkündigung durch eine körperliche Vision geschah, begleitet von einer Erleuchtung des Verstandes, denn die körperliche Vision in wachem Zustand ist sicherer als eine imaginäre Vision, die manchmal im Traum vorkommt, so wie jene, der der hl. Joseph gewürdigt wurde, und die übernatürliche Erleuchtung des Verstandes zeigte unfehlbar den Sinn der vernommenen Worte. Auf die ehrfürchtige Scheu und auf das Staunen folgten Freude und Gewissheit, als der Engel zu Maria sagte: „Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade gefunden bei Gott. Siehe, du wirst empfangen und einen Sohn gebären und seinen Namen Jesus nennen. Dieser wird groß sein und Sohn des Allerhöchsten genannt werden… Heiliger Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Allerhöchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Kind, das geboren wird, heilig, Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,30-35). Der Engel fügt noch ein Zeichen und den Grund für das Ereignis hinzu: „Siehe, Elisabeth, deine Verwandte, auch sie empfing einen Sohn in ihrem Alter, und dies ist der sechste Monat für sie, die als unfruchtbar galt, denn bei Gott ist kein Ding unmöglich.“ (V. 36-38).
Dann gibt Maria ihre Zustimmung und sagt: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort“ (V. 38).

In den Elévations sur les mystères (12. Woche, 6. Elevation) bemerkt Bossuet, dass die allerseligste Jungfrau durch diese Zustimmung drei Haupttugenden bewiesen hat:
Die heilige Jungfräulichkeit durch den edlen Entschluss, für immer auf jede sinnliche Freude zu verzichten,
die vollkommene Demut gegenüber der unendlichen Größe Gottes, die sich zu ihr herniederneigt,
den Glauben, denn sie musste den Sohn Gottes zunächst im Geist empfangen, bevor sie ihn in ihrem Leib empfing.
(Anmerkung der Redaktion: „Elévations sur les mystères“ – „Erhebungen über die Geheimnisse“ ist ein Buch von Bischof Jacques Bénigne Bossuet, einem begnadeten Autor, der 1627-1704 lebte.)
Darum sagte Elisabeth zu ihr: „Selig, die geglaubt hat, dass in Erfüllung gehen wird, was ihr gesagt worden ist vom Herrn” (LK 1,45). Ebenso zeigte sie ein großes Gottvertrauen und großen Mut, denn sie kannte sehr wohl die messianischen Prophezeiungen, insbesondere jene des Isaias, welche die großen Leiden des verheißenen Messias ankündigen, an denen sie teilhaben sollte. Was viele innerliche Seelen an Maria am Tag der Verkündigung erstaunt, ist ihre völlige Selbstvergessenheit, welche der Höhepunkt der Demut zu sein scheint. Sie dachte einzig und allein an den Willen Gottes, an die Erhabenheit dieses Geheimnisses hinsichtlich der Verherrlichung Gottes und des Heiles des armen Menschengeschlechts. Gott, welcher die Größe der Demütigen ist, war ihre Größe, und daher entsprachen ihr Glaube, ihr Vertrauen und ihre Großherzigkeit auch der Größe des Geheimnis-ses, an dem sie teilhaben sollte.
Der eine Mann, der vielleicht der größte Dichter seiner Zeit ist und sich dafür hält, und der andere, der der größte Philosoph oder der größte Politiker ist – beide sehen ihre Größe in ihrem Genie. Die allerseligste Jungfrau, die das erhabenste aller Geschöpfe ist, hat sich selbst völlig vergessen, sie hat ihre Größe in Gott gesehen.
Der hl. Thomas hat festgehalten, dass durch die Gegenwart des fleischgewordenen Wortes Gottes im Augenblick der Menschwerdung in Maria eine große Vermehrung der Fülle der Gnade stattgefunden hat. Wäre sie nicht bereits in der Gnade befestigt gewesen, dann wäre sie es in diesem Augenblick geworden.
Gott, der Du die Größe der Demütigen bist, offenbare uns die Demut Mariens, die der Erhabenheit ihrer Liebe entspricht.