Liebe Ritter der Immaculata!
Genau vor 100 Jahren gründete der hl. Maximilian Kolbe mit der Erlaubnis seines Vorgesetzten die Militia Immaculatae. Es gibt keine bessere Art, sich dieses denkwürdigen Ereignisses zu erinnern, als den Gründer selbst sprechen zu lassen:
„Viel Wasser ist seither den Berg hinuntergelaufen, beinahe achtzehn Jahre; darüber habe ich natürlich viele Details vergessen. Da mir aber der Pater Guardian aufgetragen hat, die Anfänge der „Miliz“ festzuhalten, werde ich das, woran ich mich erinnere, niederschreiben.
So erinnere ich mich, dass ich mit meinen Mitbrüdern oft über die Dekadenz unseres Ordens und über seine Zukunft sprach. Bei einem solchen Anlass hatten sich mir folgende Worte eingeprägt: ‚Wieder aufrichten oder niederreißen.‘
Denn ich bedauerte jene jungen Männer, die mit der besten Absicht zu uns stoßen und oft ihr Ideal von der Heiligkeit im Kloster verlieren. Und ich überlegte, was zu machen sei …
Oder gehen wir noch weiter zurück: Ich erinnere mich, wie ich als kleiner Junge eine kleine Statue der hl. Jungfrau für einen Heller gekauft hatte. Ein paar Jahre später hatte ich mich im Kirchenchor des Internats zu Lwow während der hl. Messe mit dem Gesicht zur Erde geworfen und der, wie eine Königin über dem Altar thronenden, hl. Jungfrau versprochen, dass ich für sie kämpfen werde. Ich wusste zwar noch nicht, wie ich dies anstellen sollte, aber damals dachte ich wirklich an einen Kampf mit materiellen Waffen. Nun … vertraute ich diese Schwierigkeit dem Lehrmeister an … der mein Versprechen in die Pflicht umwandelte, alle Tage ein „Unter deinen Schutz und Schirm“ zu sprechen. Das tue ich noch heute, obwohl ich jetzt sehr wohl weiß, was für eine Schlacht die Unbefleckte für mich ins Auge gefasst hatte.
Obwohl ich sehr zum Stolz neigte, fühlte ich mich immer mehr zur unbefleckten Jungfrau hingezogen. In meiner Zelle war über meinem Betstuhl immer das Bild eines Heiligen angebracht, und ich rief ihn oft an …
Als die Freimaurer es immer unverschämter trieben, ihr schwarzes Banner schwenkten, auf dem Luzifer dargestellt war, wie er den Erzengel Michael mit dem Fuß trat, wie sie Flugblätter und Heftchen mit Schmähreden gegen den Heiligen Vater verteilten, kam in mir der Gedanke auf, eine Gesellschaft zu gründen, deren Zweck die Bekämpfung der Freimaurerei und anderer möglicher Anhänger Satans sei.
Inzwischen fuhren wir in die Ferien, nach La Vigna, das weniger als eine halbe Stunde vom Seraphischen Kolleg entfernt ist. Eines Tages, während einer Partie Fußball, spürte ich, wie mir Blut in die Kehle stieg. Ich verließ den Fußballplatz, um mich im Gras einer Wiese niederzulegen. Bruder Girolamo Biasi, der kurz danach starb, kümmerte sich um mich. Lange Zeit spuckte ich Blut und ich war so froh, weil ich dachte, dass dies vielleicht das Ende sein mochte! Später ließ ich mich von einem Arzt untersuchen, und der befahl mir heimzufahren, in das Kolleg der Via San Teodoro, und Bettruhe zu wahren. Aber die Kur schien die Blutungen nicht zum Stocken zu bringen …
Endlich nach zwei Wochen … kehrte ich in unser Landhaus zurück. Ich fühlte mich nicht mehr krank: Die Schmerzen waren vergangen und die Blutungen hatten ausgesetzt. Es war damals, als ich erstmalig meine Idee der Gründung einer Gesellschaft Bruder Girolamo Biasi anvertraute und Pater Joseph Pal, der vor mir die Priesterweihe empfangen hatte, aber im gleichen Jahr wie ich Theologie studierte. Ich stellte zur Bedingung, dass diese ihre Vorgesetzten um Erlaubnis ersuchten, um des Willens Gottes sicher zu sein.
Sobald ich einigermaßen wiederhergestellt war, schickte man mich auf weitere Ferien nach Viterbo, zusammen mit einem Kameraden, Bruder Anton Glowinski, und es war damals, dass auch Bruder Anton Glowinski in die Militia Immaculatae eintrat. Bald danach kamen auch Antonio Mansi hinzu, der dann starb, und Bruder Enrico Granata aus der Provinz Neapel. Außer denjenigen, die ihr angehörten, wusste niemand im Kolleg von der Existenz der MI. Nur der Rektor, Pater Stefano Ignudi, war darüber unterrichtet, und die MI unternahm nichts ohne seine Erlaubnis, denn es geschieht im Gehorsam, dass der Wille der Immaculata offenbar wird.
Mit der Erlaubnis unseres Rektors hielten also am 17. Oktober 1917 (es war der Vorabend des 17.) die erste Versammlung der sieben ersten Mitglieder: 1. Pater Joseph Pal; 2. Bruder Anton Glowinski, im Jahre 1918 in der rumänischen Provinz verstorben; 3. Bruder Girolamo Biasi aus der Provinz Padua, gestorben im Jahre 1929; 4. Bruder Quirico Pignalberi aus der Provinz Rom; 5. Bruder Antonio Mansi 6. Bruder Enrico Granata aus der Provinz Neapel; 7. Ich selbst.
Die Versammlung wurde am Abend, im Geheimen, in einer internen Zelle bei geschlossenen Türen abgehalten. Vor uns stand eine kleine Statue der Immaculata mit zwei brennenden Kerzen. Bruder Girolamo Biasi fungierte als Sekretär. Wir hatten uns vorgenommen, ein Programm der MI aufzustellen, umso mehr als Pater Alessandro Basile, der auch der Beichtvater des Heiligen Vaters war, versprochen hatte, dass er ihn um seinen Segen für die Miliz bitten wollte. Er hielt jedoch sein Versprechen nicht. Wir haben aber trotzdem den Segen des Papstes empfangen, von der lebendigen Stimme des Msgr. Domenico Jaquet, dem Professor für Kirchengeschichte unseres Seminars.“
Nach der Gründung machte die MI mehr als ein Jahr lang keine Fortschritte und begegnete solchen Schwierigkeiten, dass ihre Mitglieder selbst entmutigt wurden, ja nicht einmal mehr darüber zu sprechen wagten. Im Gegenteil, einer von ihnen versuchte sogar, die Gefährten davon zu überzeugen, dass alles nutzlos sei. Zu der Zeit flogen die auserwählten Seelen von Bruder Anton Glowinski und Bruder Antonio Mansi zur Unbefleckten empor; sie waren in einem Abstand von dreizehn Tagen dem spanischen Fieber erlegen. Was mich betrifft, so hatte ich einen Rückfall bekommen: Ich hustete viel und spuckte Blut. Von den Kursen befreit, benutzte ich meine Zeit, um die Statuten der MI abzuschreiben, um sie dem Ordensgeneral Tavani zu unterbreiten und ihn um seinen schriftlichen Segen zu ersuchen. ‚Wenn ihr wenigstens zwölf wäret‘, sagte mir der Ordensgeneral. Dennoch schrieb er seinen Segen, ja, er gab sogar dem Wunsch Ausdruck, dass die MI unter der Jugend Ausbreitung finden möge. Von jenem Tage an, flossen uns ständig neue Mitglieder zu… „
Hl. Maximilian Kolbe
Es wäre beinahe eine Entweihung, diesen einfachen, demütigen und wahrhaft übernatürlichen Bericht zu kommentieren. Mögen wir aus diesen kostbaren Zeilen alle Tugenden und die Großherzigkeit des ersten Ritters der Immaculata erlernen, besonders jedoch diese:
- das übernatürliche Verständnis und die Wertschätzung aller Prüfungen und Leiden, vereint mit jenen unseres Herrn und der Schmerzensmutter;
- die absolute Überzeugung, dass die Wirksamkeit dieser Armee Unserer Lieben Frau voll und ganz von der Hingabe an den Willen der Immaculata abhängig ist, die sich klar und deutlich in einem übernatürlichen Gehorsam gegenüber den Oberen ausdrückt;
- die Demut des Gründers, der sich selbst an letzter Stelle nennt, zutiefst von seiner totalen Unwürdigkeit überzeugt;
- die Einsicht, dass die Immaculata – und nur die Immaculata – die vollkommene Heiligkeit in der Kirche erhalten und uns davor bewahren kann, gleichgültig und lauwarm zu werden; sie ist auch unsere einzige und letzte Hoffnung wenn wir den erbittertsten Feinden der Kirche und unseres Herrn, den Freimaurern und deren immensen Weltmacht, gegenüberstehen;
- die Erfahrung, dass alles was in den Augen unseres Herrn groß und angenehm ist, in Prüfungen, Widerwärtigkeiten und scheinbaren Niederlagen geboren werden und wachsen muss;
- die Wichtigkeit der „Freunde im Himmel“, der triumphierenden Kirche: je mehr wir sie um ihren Beistand anrufen und unseren Erfolg auf ihre Fürsprache zurückführen, umso mehr Gnaden werden kommen.
Denken wir auch daran, dass an diesem Jahrestag der Gründung der MI jeder Ritter einen vollkommenen Ablass gewinnen kann, ein weiteres Zeichen der Segnungen des Himmels.
Lasst uns das zweite Jahrhundert der Militia Immaculatae mit einem festen Wunsch beginnen, den Fußspuren des heiligen Gründers zu folgen, die Immaculata wahrhaft zu lieben, indem wir versuchen, ihr immer und überall zu gefallen und ihren Willen zu erfüllen.
Mit priesterlichen Segensgrüßen
Manila, 16. Oktober 2017
P. Karl Stehlin