Zum 25. März, dem Fest Mariä Verkündigung, geben wir hier gerne eine Betrachtung über den „Engel des Herrn“ wieder, die entnommen ist aus dem Buch „Meditationen zum gesamten Kirchenjahr“ von Pater Ludwig de Ponte:
Vorbereitung
- Die Jungfrau weilt im Gebet in ihrer Kammer, als der Engel des Herrn eintritt.
- Wir bitten um das Licht des Heiligen Geistes, damit wir dieses Geheimnis nach menschlichen Kräften erfassen und uns im Herzen darüber freuen.
1. Der Bote Gottes
Betrachten wir, von wem diese Botschaft kommt, wer mit derselben beauftragt wurde, an wen sie gerichtet ist und welchen Inhalt sie hat. Gott selbst sendet seinen Erzengel er, der Herr aller Dinge. Der Erzengel Gabriel ist einer der Ersten am Throne Gottes. Die Botschaft ist an Maria gerichtet, eine arme und unbekannte Jungfrau, Es geht um eine Angelegenheit, die die wichtigste aller Zeiten ist. Es geht um die Kunde, dass das Ewige Wort Mensch werden will, um uns alle zu erlösen, um die Kunde, dass Maria als die Gottesmutter auserkoren wurde. Der Engel sollte ferner bei dieser Botschaft erklären, dass er die Heilige Jungfrau um ihre Einwilligung fragen müsse.
O bewunderungswürdige Herablassung des Schöpfers! „Was ist der Mensch, mein Gott, dass Du seiner gedenkst, und was ist der Menschensohn, dass Du ihn ansiehst?“ (Ps 8,5). Wie sind doch Deine Urteile, o Herr, ganz verschieden von jenen der Menschen! Diese sehen nur auf Personen, die durch Rang, Geburt und Glück ausgezeichnet sind. Vor Dir aber, so groß Du auch bist, ist alles ein Gräuel, was hoch in den Augen der Menschen steht (Lk 16,15). Du schaust auf das Niedrige. Durch das Unbedeutende führst Du Deine großen Absichten aus. Unter wie vielen Personen ersten Ranges, unter wie vielen hohen Prinzessinnen, unter wie vielen würdigen Königinnen hättest Du Dir Deine Mutter suchen können. Aber nein, die einzige die Du mit diesem hohen Titel ehrtest, war die Verlobte eines Handwerkers. Sie war klein in ihren eigenen Augen und unbekannt vor der ganzen Welt. Was sie allein auszeichnete, war eine engelgleiche Reinheit, eine tiefe Demut und eine brennende Liebe zu Dir. Ein solches Herz verdiente Dein Wohlgefallen!
Das sind die Grundsätze wahrer Größe, das sind die Züge der Schönheit, die allein imstande sind, die Augen des Schöpfers auf sich zu ziehen. Wir wollen uns nach diesen Prinzipien Gottes richten. Wir wollen von der unendlichen Weisheit Gottes lernen, was wir achten und was wir verachten müssen.
2. Der Gruß des Allerhöchsten
Der Engel trat bei ihr ein und sprach: „Sei gegrüßt, du Gnadenvolle! Der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern“ (Lk 1,28). Rein äußerlich ist zunächst der hohe Anstand des Engels zu beachten, seine feine Zurückhaltung, die alle apostolischen Männer haben sollen, die, wie der heilige Apostel sagt, mit der Botschaft Jesu Christi beauftragt sind. Nur so können sie jenen, zu denen sie gesandt sind, Ehrfurcht und Frömmigkeit einflößen. Wie beglückend ist nun der Gruß des Allerhöchsten: „Gegrüßt seist du, Gnadenvolle.“ Die Anrede, Gnadenvolle deren sich der Engel auf Gottes Befehl bedient, bringt die hohe Heiligkeit zum Ausdruck, die Maria über alle Heiligen des Himmels erhebt. So viele Begnadete es auch im Himmel gibt, die Gnadenfülle Marias überragt sie alle. Jene sind nur Bäche, die nicht viel Wasser in sich aufnehmen können. Maria aber ist ein unermessliches Meer, das alles in sich aufnimmt und nie überfüllt werden kann. Ihre Heiligkeit ist größer als die aller Engel und Heiligen zusammen.
„Der Herr ist mit dir.“ Gott ist nicht nur so mit Maria, wie er mit allen Gerechten ist, sondern auf ganz ausgezeichnete Weise. Er ist in ihr wie in einem lebendigen Paradiese, Wie in seinem Heiligtume, an dem Orte seiner Freude, im Hause seiner Mutter: Deshalb, Jungfrau Maria, bist du gebenedeit unter allen Weibern, weil du den in deinem Schoss empfangen sollst, der der Urheber alles Segens ist und dich vor dem allgemeinen Fluche bewahrte.
Welche Glorie für die Heilige Jungfrau, ein solches Lob im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit aus Engelsmund zu vernehmen. Welche Freude für einen wahren Diener Mariens, seine erhabene Fürstin mit so vielen Ehren über- häuft zu sehen. Ich beglückwünsche dich, o unvergleichliche Königin der Engel, und da ich unvermögend bin, dich zu loben, wie es dir gebührt, so will ich ohne Unterlass die Worte des Erzengels wiederholen. Ich will sie mit der heiligen Kirche immerfort beten. Jedes Mal aber, sooft ich diese Worte an dich richte, sei es im Leben, sei es im Tode, mögen sie dich so verherrlichen, wie sie dich aus Engelsmund verherrlicht haben.
3. Fürchte dich nicht
Die Gegenwart und die Worte Gabriels versetzten die Heilige Jungfrau in Verlegenheit, statt sie, wie man meinen sollte, mit Freude zu erfüllen. Der Anblick des Engels in der Gestalt eines Mannes überraschte ihre Zurückgezogenheit, und das Lob, das ihr erteilt wurde, bedrückte ihre Demut.
Keine dieser beiden Tugenden liebt ja das Aufsehen. Man besitzt sie nicht, wenn man gerne gesehen werden will. Ist das nicht eine feine Lehre für uns! Als der Engel ihre Verlegenheit merkte, beruhigte er sie mit den Worten: „Maria, fürchte dich nicht, denn du hast Gnade bei Gott gefunden!“ (Lk 1,30). Es ist eine Eigenschaft guter Geister, erschreckten Seelen die Ruhe wiederzugeben und ihre Furcht in freudiges Vertrauen zu verwandeln.
Mein Gott, wie würden wir uns glücklich preisen, wenn wir von Dir die Worte hören könnten, wir hätten Gnade bei Dir gefunden!
Was hätten wir nach einer solchen Versicherung noch zu fürchten, noch zu wünschen? Wenn es nach menschlichen Ansichten ein großes Glück bedeutet, bei den Gewaltigen dieser Erde in Gnade und Ansehen zu stehen, welches Glück muss es dann sein, sich in der Gunst des allerhöchsten Herrn und Schöpfers zu wissen.
Ich freue mich, Heilige Jungfrau, dass dir der König der Könige so große Ehren erwies. Ich freue mich der Versicherung, dass du seinem Herzen vor allen Wesen nahestandest.
Ach, dieses große, göttliche Herz ist unermesslich. Es kann Millionen Welten in sich fassen. Heilige Mutter Gottes, bitte für deine Kinder um einen Platz am Herzen Gottes. Deine Bitte wird sicher erhört werden. Als Esther bei König Assuerus Gnade gefunden hatte, nutzte sie ihre Stellung aus, um das ganze Volk zu retten. So rette auch du uns, Mutter, durch die Gnade, in der du bei Gott stehst. Lass uns Erbarmen finden bei Gott und einmal das ewige Leben erlangen.
Quelle: Buch „Meditationen zum gesamten Kirchenjahr“ (S. 50ff.) von P. Ludwig de Ponte, herausgegeben von der Katholischen Jugendbewegung, Österreich.
Gebet: Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft
Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft.
– Und sie empfing vom Heiligen Geist.
Gegrüßet seist du, Maria …
Maria sprach: Siehe, ich bin die Magd des Herrn.
– Mir geschehe nach deinem Wort.
Gegrüßet seist du, Maria …
Und das Wort ist Fleisch geworden.
– Und hat unter uns gewohnt.
Gegrüßet seist du, Maria …
Bitte für uns, heilige Gottesgebärerin
Auf dass wir würdig werden der Verheißungen Christi.
Lasset uns beten. Allmächtiger Gott, wir bitten Dich o Herr, gieße deine Gnade in unsere Herzen ein, damit wir, die wir durch die Botschaft des Engels die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt haben, durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung geführt werden. Durch ihn, Christus, unseren Herrn.
– Amen.