Mit der freundlichen Erlaubnis von Pater Gérard Mura werden wir in diesem Jubiläumsjahr der Engelserscheinungen von Fatima in regelmäßigen Abständen Auszüge aus dessen Büchlein “Die Gebete des Engels von Fatima” veröffentlichen. (Das Büchlein ist leider vergriffen.)
Die Sünde und die Wiedergutmachung im Hinblick auf die hl. Eucharistie
Eine andere immer mehr verkannte Wahrheit, die der Engel wieder in Erinnerung ruft, ist die extreme Schwere der Sünde und die Notwendigkeit, sie durch die Sühne wiedergutzumachen. Es ist auffallend, daß der Engel in jeder der drei Erscheinungen ein Mittel der Sühne angibt: erst das Gebet, dann das Opfer, und schließlich die eucharistische Aufopferung und die Sühnekommunion. Bei der ersten Erscheinung lehrt der Engel die Kinder ein Gebet, das ausdrücklich nichts anderes ist als ein Akt der Wiedergutmachung für die Sünden des Unglaubens, der fehlenden Anbetung, der rein irdischen Hoffnungen und der gleichgültigen Kälte. Im Sommer lehrt er sie den Wert der Opfer. “BRINGT DEM ALLERHÖCHSTEN UNAUFHÖRLICH GEBETE UND OPFER DAR.” Die Kinder verstanden daraufhin, wie Lucia schrieb, “den Wert des Opfers und wie sehr dieses Gott angenehm ist, und wie Gott durch dieses Sünder bekehrt”.
Bei der ersten Erscheinung hat ihnen der Engel ein vergleichsweise allgemeines Sühneanliegen angegeben. Die Sünden gegen Glaube, Hoffnung und Liebe im allgemeinen sollen wiedergutgemacht werden. Bei der letzten Erscheinung war das Gebet besonders eine Sühne für die Beleidigung des Herrn im eucharistischen Sakrament und eine Sühne in Vereinigung mit dem eucharistischen Herrn, sowie in Vereinigung mit dem Unbefleckten Herzen Mariens.
Warum diese Herausstellung der Wichtigkeit der Sühne in bezug auf die hl. Eucharistie? In Portugal kam es zwar zu jener Zeit zu einigen Kirchenschändungen. Aber dies hat dann bald aufgehört. Die Forderung der Sühne betraf daher nicht nur die Heimat. Sie war für die ganze Welt gedacht, wenn es im Gebet heißt: “…UND OPFERE DIR AUF DEN KOSTBAREN LEIB UND DAS BLUT, DIE SEELE UND DIE GOTTHEIT UNSERES HERRN JESUS CHRISTUS, GEGENWÄRTIG IN ALLEN TABERNAKELN DER WELT…”
Zwei Jahre nach dem Tod Pius’ X., der so viel für die Entfaltung des eucharistischen Kultes getan hatte, hätte man solche Worte nicht erwartet. Aber heute verstehen wir die Notwendigkeit der eucharistischen Sühne. Das Sühnegebet wird darum auch aktueller denn je. Die Seele vereinigt sich mit Christus dem Hohenpriester im Tabernakel und im hl. Meßopfer, der das Sühnopfer zum Heil der Welt darbringt.
Die eucharistische Gegenwart des Herrn wird dogmatisch sehr genau beschrieben, wie wir noch sehen werden. Auch die Realität des eucharistischen Opfers wird durch einen bedeutenden Umstand betont. Gemeint sind die Blutstropfen, welche die Kinder von der Hostie in den Kelch tropfen sahen. Das Opfer der hl. Messe ist nämlich die unblutige Erneuerung des blutigen Kreuzesopfers Christi. Die Realität des hl. Meßopfers wird durch die sichtbaren Blutstropfen in sehr einprägsamer Weise betont. Durch dieses von der Hostie herabtropfende Blut wird deutlich gemacht, daß die Realpräsenz eine Frucht des hl. Meßopfers ist. Die hl. Messe ist erst Opfer und die hl. Kommunion ist als Opfermahl eine Frucht daraus. Genau dies will man heute nicht mehr wahrhaben. Man will eine hl. Messe, die zuerst Mahl ist, ein Mahl, das nicht Frucht des Opfers ist: mit anderen Worten ein Festmahl. Vielleicht sollen die Blutstropfen auch daran erinnern, daß Christus durch die Beleidigungen der Menschen gewissermaßen wieder gekreuzigt wird, soweit es nämlich am Willen der Menschen liegt.